07/2013 - Urteile - Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Windfelder & Kollegen

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Kein Schmerzensgeld nach schwerem Foul

Herausgegeben von Gerold Windfelder in Sportrecht · 18/7/2013 20:15:00

QUELLE: Haßfurt Tagblatt, 


Das Landgericht Bamberg weist die Zivilklage eines jungen Fußballers ab. Der gefoulte Spieler aus Kirchaich erhält nun weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz.
Eltmann/Bamberg - Weder Schmerzensgeld noch Schadensersatz erhält ein junger Fußballer von seinem Gegenspieler, der ihn vor gut zwei Jahren bei einem Jugend-Hallenturnier in Eltmann durch ein Foul schwer verletzt hatte. So hat es das Landgericht Bamberg am gestrigen Mittwoch entschieden - das Urteil war von der Sportszene der Region mit Spannung erwartet worden.
Anspruch auf die geforderten rund 15 000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz hätte der gefoulte Kicker dann gehabt, wenn das Gericht seinem Kontrahenten ein Verschulden im Sinne eines grob fahrlässigen Handelns oder gar eines Vorsatzes hätte nachweisen können. Doch aufgrund der sich widersprechenden Zeugenaussagen - das Gericht hatte den Schiedsrichter, Mitspieler und Zuschauer befragt -, war dieser Nachweis nicht möglich, begründete Richter Sven Wittig die Entscheidung der 1. Zivilkammer des Landgerichts.
Auch die Schwere der Verletzung - der Kläger hatte durch die Attacke von hinten den Bruch des rechten Wadenbeins und des Innenknöchels sowie den Riss des vorderen Syndesmosebandes und des Innenbandes im Knöchel erlitten - lasse nicht zwangsläufig auf ein Verschulden schließen, führte Richter Wittig allein für die Pressevertreter aus, denn weder von der Kläger- noch von der Beklagtenseite war ein Beteiligter im Sitzungssaal erschienen. "Letzten Endes ließ es sich also nicht klären, ob der Beklagte in grob unfairer oder böswilliger Weise gefoult hat", fasste der Richter für den juristischen Laien zusammen.
Bei dem besagten Spiel in Eltmann hatte ein damals 18-Jähriger im Trikot des TSV Kirchaich einem Spieler des FC Haßfurt den Ball abgenommen und war Richtung gegnerisches Tor gestürmt. Sein ein Jahr älterer Kontrahent setzte ihm jedoch nach und grätschte, wobei er den Kirchaicher am rechten Unterschenkel traf und ihm die schweren Verletzungen zufügte.
Überhartes Einsteigen
Der Geschädigte und sein Rechtsanwalt argumentieren, der Beklagte habe gar keine Chance gehabt, an den Ball zu kommen, sie sprechen von einem überharten Einsteigen, von einer billigend in Kauf genommenen Verletzung, von einem Frust-Foul. Deswegen hatten sie sogar Strafantrag gestellt, doch die Staatsanwaltschaft Bamberg stellte ihr Ermittlungsverfahren gegen den heute der 1. Mannschaft des FC Haßfurt angehörenden Spieler ein.
Der Beklagte und sein Rechtsvertreter halten die folgenschwere Grätsche für ein sporttypisches Foul, bestätigt sehen sie sich unter anderem durch das Verhalten des Schiedsrichters, der das Vergehen nur mit einem Freistoß und nicht mit einer Zeitstrafe oder gar einen roten Karte ahndete.
Nicht nachweisbar
Folglich lehnten sie im Zivilprozess - im Ringen um Schmerzensgeld und Schadensersatz also - am Landgericht einen Vergleich ab. "In der Regel ist ein Verschulden nicht nachweisbar", erklärte gestern Landgerichtssprecher Mathis Ruby der Presse. Man kann sich vorstellen, wie die Zeugenaussagen von Mannschaft zu Mannschaft und von Fanblock zu Fanblock abweichen. Wenn dann der Schiedsrichter die Aktion nicht genau gesehen hat oder sich später nicht mehr richtig erinnern kann, wie sollen sich dann die Richter sicher sein? Im Zweifelsfalle wird für den Beklagten entschieden.
Ruby und sein Richterkollege Wittig nannten eine Zahl von ein bis zwei Fällen dieser Art, die sie pro Jahr verhandeln - das Ergebnis ist immer dasselbe: Keine Ansprüche des Gefoulten auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Wer eine Wettkampfsportart betreibe, der sei sich bewusst, dass hier andere Voraussetzungen - vor allem Risiken - gelten als im normalen Leben, meinten die Richter.
Gerold Windfelder (Haßfurt), Rechtsanwalt des beklagten Sportlers, hatte in der vergangenen Woche zur Heimatzeitung gesagt, eine erfolgreiche Klage der Gegenseite werde den Fußball landesweit kaputt machen. Soll heißen: Wer will sich dann noch trauen, dem runden Leder nachzujagen, wenn ihm jederzeit eine Klage droht? Diese Überzeugung allerdings blieb in Bamberg gestern nicht unwidersprochen. Als Zuhörer hatte sich im Sitzungssaal des Landgerichts ein am Prozess unbeteiligtes Ehepaar eingefunden, dessen Sohn vor einiger Zeit ebenfalls durch ein Foul auf dem Rasen schwer verletzt wurde. Auch er bzw. seine Familie musste mit den bitteren Konsequenzen alleine fertig werden. Und die Eltern glauben, dass genau das dem Fußballsport schadet: Wenn brutale Spieler davon ausgehen dürfen, mit ihren böswilligen Attacken ungeschoren davonzukommen.
Auf der Klägerseite wollen nun Rechtsanwalt Willy Marquardt (Ebelsbach) und sein Mandant die Entscheidung des Landgerichts sorgfältig prüfen und dann vor Ablauf der Monatsfrist entscheiden, ob sie in Berufung gehen. Die Hürden der Gerichte für diese Fälle seien sehr hoch, meinte Marquardt auf Anfrage des HT. Im vorliegenden Fall allerdings scheint die Schwelle für den Juristen überschritten.



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