D i e M e d i a t i o n
I. Allgemeines
Die Mediation (lat. „Vermittlung“) ist ein Verfahren, das freiwillig und strukturiert erfolgt und zur konstruktiven Beilegung oder Vermeidung eines Konfliktes dient. Die Konfliktparteien wollen mit Unterstützung einer dritten allparteiischen Person - dem Mediator - zu einer gemeinsamen Vereinbarung gelangen, die den Bedürfnissen und Interessen der Konfliktparteien entspricht.
Wichtigste Grundidee der Mediation ist die Eigenverantwortlichkeit der Konfliktparteien: Der Mediator ist verantwortlich für den Prozess, die Parteien sind verantwortlich für den Inhalt. Dahinter steht der Gedanke, dass die Beteiligten eines Konflikts selbst am besten wissen, wie dieser zu lösen ist, und vom Mediator lediglich hinsichtlich des Weges dorthin Unterstützung benötigen.
Der Mediator trifft dabei keine eigenen Entscheidungen bezüglich des Konflikts, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich.
II. Voraussetzungen für eine Mediation
Die Voraussetzungen für die Durchführung einer Mediation sind u. a.:
Freiwilligkeit
: d.h. alle Beteiligte können das Medaitonsverfahren zu jedem Zeitpunkt abbrechen. Es entstehen hieraus keinerlei Nachteile für den Abbrechenden.
Verschwiegenheit
: Alles, was während der Mediation gesagt wird, bleibt auch in den „Mediationsräumen“. Der Mediator wird sich außerhalb von den Mediationsterminen zu den Inhalten nicht äußern.
Ergebnisoffenheit
: d.h. dass die Beteiligten alle mit einer gewissen Verhandlungsbereitschaft in die Mediation gehen müssen. Es darf insbesondere das Ergebnis für eine Konfliktpartei nicht von Anfang feststehen. Denn es gibt auch Lösungsmöglichkeiten, die sich im Laufe der Mediation heraus kristallisieren und an die keine der Konflikt-parteien gedacht hatte, obwohl sie für alle Konfliktparteien die beste Lösungsmöglich-keit liegt.
Allparteilichkeit
: Der Mediator ist nicht nur neutral, er ist sogar allparteiisch. Dies bedeutet, dass er auf der Seite eines jeden Beteiligten steht. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass ein Machtgefälle zwischen den Konfliktparteien ausgeglichen wird. Der Mediator darf sich z.B. auch nicht mit einer Person zum Abendessen verabreden, weil die Gefahr besteht, dass die andere Konfliktpartei dies als Verlust der Allparteilichkeit werten kann. Die Konfliktparteien müssen in jedem Stadium von dieser Allparteilichkeit überzeugt sein. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, sollte zunächst mit dem Mediator darüber geredet werden. Falls dieser Zweifel nach einer Unterredung nicht aus der Welt geschafft werden kann, besteht immer noch die Möglichkeit des Abbruchs der Mediationsverhandlungen zumindest mit diesem Mediator.
III. Abgrenzungen zu anderen Institutionen
Die Mediation ist nicht zu verwechseln mit einem Schiedsgericht oder einer Schlichtungsstelle. Die Mediation ist ein Verfahren und keine Institution. Sie ist insbesondere freiwillig und hat nicht ein Urteil oder dergleichen zur Folge. Die Konfliktparteien haben es selbst in der Hand, zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen oder nicht. Vom Mediator werden daher keine Entscheidungen getroffen, keine Empfehlungen und keine Vorschläge für eine mögliche Konfliktregelung formuliert.
Mit der Schlichtung hat Mediation gemein, dass ohne Zustimmung der Parteien keine verbindliche Entscheidung gefällt wird. Insofern kann man sie als besonderes Schlichtungsverfahren bezeichnen. Allerdings zeichnet sich die Mediation gegenüber der Schlichtung dadurch aus, dass der Mediator die Entscheidung ganz den Konfliktbe-teiligten überlässt, also auch keine Kompromissvorschläge macht.
Ebenso ist das Verfahren mit der Tätigkeit einer Einigungsstelle nicht vergleichbar. Falls es dort zu keiner Einigung kommt, beschließt die Einigungsstelle anstatt der Parteien.
IV. Ziele der Mediation
Die Lösung eines Konfliktes ist das Ziel einer Mediation. Dabei steht im Gegensatz zum Gerichtsverfahren die Frage nach einer eventuellen Schuld nicht im Vordergrund. Ein zentrales Anliegen jeder Mediation ist es, die Konfliktparteien wieder in ein Gespräch zu bringen. Der neu beginnende kommunikative Ablauf ist so zu steuern, dass die Konfliktparteien
- Sache und Person voneinander trennen;
- individuelle Wahrnehmungsphänomene als Konfliktfaktoren anerkennen;
- unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen des oder der Konfliktpartner/innen anerkennen und
- für sich Entscheidungsverzerrungen aufdecken.
V. Ablauf der Mediation
Die Mediation wird meist in 5 Phasen abgehalten:
1. Phase: Auftragsklärung
Zunächst werden die Parteien über das Mediationsverfahren, die Rolle und Haltung des Mediators informiert, für die Konfliktvermittlung wird eine Mediationsvereinbarung abgeschlossen und das weitere Vorgehen miteinander abgestimmt.
2. Phase: Themensammlung
Zu Beginn der zweiten Phase stellen die Parteien ihre Streitpunkte und Anliegen im Zusammenhang dar, sodass die Themen und Konfliktfelder gesammelt und für die weitere Bearbeitung strukturiert werden können.
3. Phase: Positionen und Interessen / Sichtweisen- und Hintergrunderkundung
In der dritten Phase beginnt die eigentliche Problembearbeitung mit der Entscheidung über das erste zu behandelnde Thema. Danach erhalten die Beteiligten Gelegenheit, ihre Sicht des jeweiligen Aspekts des Konflikts zu jedem Themenpunkt umfassend darzustellen. Informationen, Daten und Wahrnehmungen werden ausgetauscht, bevor auf die unterschiedlichen und gemeinsamen Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der Parteien vertieft eingegangen und damit der Konflikt umfassend erhellt werden kann. Wichtig ist in dieser Phase vor allem der Übergang von Positionen zu dahinter liegenden Interessen. Außerdem werden üblicherweise Maßstäbe für eine aus Sicht der Beteiligten gerechte bzw. sinnvolle Lösung entwickelt. Dabei kommen neben den Positionen der Konfliktparteien deren Hintergründe, Ziele, Interessen, und – je nach Ausrichtung und Ausbildung des Mediators – Emotionen und Identitätsaspekte (Rollen, Selbstbild) zum Vorschein.
4. Phase: Sammeln und Bewerten von Lösungsoptionen
In der vierten – der kreativen – Phase werden zu den einzelnen Problemfeldern zunächst im Wege des Brainstormings Lösungsoptionen bewertungsfrei gesammelt. Nach Abschluss der Ideenfindung werden diese Lösungsoptionen von den Medianden bewertet und verhandelt. Der Mediator wird in dieser Phase meist das vorschnelle Beschließen von Lösungen bremsen, indem er gegenüber den Teilnehmern hinterfragt, inwieweit die gefundenen Lösungen mit den in der vorherigen Phase ermittelten Interessen der Parteien oder den vorher erarbeiteten Kriterien für eine gerechte Lösung im Einklang stehen. Auch wird der Mediator gemeinsam mit den Beteiligten überprüfen, ob und wie sich die jeweiligen Lösungsoptionen in der Realität umsetzen lassen.
5. Phase: Abschlussvereinbarung
Zum Abschluss der Mediation werden die Ergebnisse (meist schriftlich) festgehalten. Üblich ist dabei die konkrete Regelung des weiteren Vorgehens einschließlich der Festlegung von Umsetzungsfristen bis hin zum Verhalten im zukünftigen Konfliktfall.
VII. Anwendungsgebiete und Geeignetheit der Mediation
Die Methode der konstruktiven Konfliktlösung durch Mediation ist universell einsetzbar. Im Vordergrund steht die Lösungsorientierung; Harmonie herzustellen ist nicht das vordringliche Ziel. Mediation ist immer dann sinnvoll, wenn die Parteien die Lösung ihres Konfliktes selbst bestimmen wollen, insbesondere wenn sie - aus welchen Gründen auch immer - künftig weiter Kontakt pflegen. Die Anwendungsgebiete umfassen u.a. so unterschiedliche Aufgaben wie die Vermittlungstätigkeit...
... im Unternehmens- und Wirtschaftsbereich
:
o
Konflikte zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern,
o
Vorgesetzten und Mitarbeitern,
o
Geschäftsleitung und Betriebs-/Personalrat,
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zwischen Partnern/Gesellschaftern/Eigentümern, z.B. zur Regelung der Unter-nehmensnachfolge (insb. in Familienunternehmen),
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zwischen Abteilungen/Arbeitseinheiten,
o
bei konzerninternen Konflikte aufgrund Fusionen, Übernahmen, Umstrukt-urierungen,
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zwischen Geschäftspartnern, bei Konflikten zwischen Herstellern, Handwerkern, Händlern, Auftragsnehmer einerseits und Verbrauchern, Kunden und Klienten andererseits,
... im Privatbereich:
o
zwischen (sich trennenden) Ehepartnern sowie in anderen Familien- und Generationenkonflikten,
o
in Unfällen mit Sach- und Personenschäden,
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im Mieter/Vermieter-Verhältnis,
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in Erbschaftsauseinandersetzungen,
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in Nachbarschaftsstreitigkeiten oder sogar zwischen Opfer und Täter einer Straftat.
VIII. Vorteile einer Mediation
o
Selbstbestimmung und Planungssicherheit: keine Entscheidung durch Dritte; die Parteien bestimmen die Mediatoren, Anfang und Ende, Inhalt und Ergebnis des Mediationsverfahrens;
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unbürokratisches, flexibles Verfahren (u.a. abgestimmte Terminplanung);
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Angemessene Berücksichtigung der Standpunkte, Interessen und Ziele der Parteien;
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Zukunftsorientierte Lösung bei der alle Seiten gewinnen können (sog. win-win-Situation); Erzielung wirtschaftlich sinnvoller und nachhaltiger Ergebnisse;
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Hohe Erfolgschancen: bei Durchführung eines fachgerechten Mediations-verfahrens liegt die Einigungsquote i.d.R. bei 80-90%
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Erhaltung, Wiederherstellung oder Neugestaltung und Verbesserung der geschäftlichen bzw. persönlichen Beziehungen;
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Zeitersparnis gegenüber Gerichtsverfahren, insb. bei mehreren Instanzen;
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Reduzierung der (Rechtsverfolgungs-)Kosten, Schonung personeller und betrieblicher Ressourcen, Vermeidung von Reibungsverlusten (z.B. Abstellen von Mitarbeitern, interne und externe Besprechungen zur Vorbereitung von Gerichtsverfahren;
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Vertraulichkeit, Bewahrung von Geschäftsgeheimnissen, keine Gefahr der Rufschädigung und Imageverlusten, keine Presse;
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nachhaltige Steigerung der persönlichen und betrieblichen Produktivität durch die Erfahrung konstruktiver Konfliktlösungsverfahren;
Verringerung emotionaler Kosten in Streitverfahren, nachhaltige Zufriedenheit mit Verlauf und Ergebnis des Mediationsverfahrens.